9 May 2018

Überbetrieblicher Lehrgang in Rottweil

Ende März und Anfang Mai fuhren Teilnehmer aus der Bäckerklasse zu einer überbetrieblichen Ausbildung nach Rottweil in das Haus des Handwerkes. Überbetriebliche Lehrgänge gehören bei allen Handwerksberufen zur schulischen Ausbildung. Die Teilnehmer hatten damit die Möglichkeit, einen kleinen Teil des Ausbildungsweges kennen zu lernen. Dazu gehörte auch die Unterbringung im angegliederten Internat, wo man in Ruhe schlafen konnte.

Vier Tage lang wurde gewogen, gesiebt, gerührt, geknetet und gebacken. Für manche Teilnehmer, die aus Gambia, Afghanistan, dem Irak und Mazedonien kamen, war es das erste Mal, dass sie in einer großen Backstube standen. Manche Aufgaben stellten sie schon vor große Anforderungen, weil diese Geräte in den Heimatländern so nicht bekannt sind.

Schüssel mit Mehl auf der Waage

Brutto, Netto, und TARA

Das richtige Abwiegen will gelernt sein. Dazu stellt man die Mehlschüssel auf die Waage und drückt die Tara-Taste.

Die Waage zeigt dann Null g an. Man füllt die entsprechende Menge Mehl ein, drückt den

Tara-Knopf und die Waage springt zurück auf Null.

Man wiegt den Zucker ab, drückt wieder den Tara-Knopf, und die Waage springt erneut auf Null.

Man wiegt Butter ab, …

Zur Not geht’s auch anders:

Alle Zutaten werden separat abgewogen und einzeln in die große Mehlschüssel gefüllt.

frisch gebackene Hefezöpfe

Unter Anleitung der Bäckermeister entstanden aus den abgewogenen Zutaten leckere Brote und Brötchen. Besonderes Interesse galt aber den verschiedenen süßen Stückchen. Die erste Gruppe konnte sich üben im Backen von Osterhasen und Osterlämmern. Diese Formgebäcke waren für fast alle neu.

Plundergebäck kannten dagegen schon alle. Es erfreute sich großer Beliebtheit und wurde in unterschiedlichsten Varianten geformt, belegt, gebacken und … verzehrt. Gugelhupf wurde per Foto in die Heimat geschickt, genauso die leckeren Hefezöpfe - geflochten als Zweistrang, Dreistrang oder Vierstrang.

3 Teilnehmer in der Backstube

Vom Zopf ist es nicht mehr weit zur fachgerecht geschlungenen Laugenbrezel. Hier konnten auch wunderbar die schwierigen deutschen zusammengesetzten Nomen geübt werden, die je nach Zusammensetzung unterschiedliche Bedeutungen haben. Laugenbrezel ist schließlich etwas anderes als Brezellauge.

Im Unterricht hatten wir bereits über die unterschiedlichen Getreidearten und die verschiedenen Mehltypen gesprochen. Aus Weizenmehl haben wir ein herzhaftes Brot und ein Rosinenbrot gebacken, alles etwas unprofessioneller - nach Hausfrauenart. Ich bat die Schüler ein Brotrezept aus der Heimat mitzubringen. Das Gelächter war groß! „Wissen Sie, Frau Rawe, bei uns ist das nicht so. Man nimmt Mehl und Zucker und was man sonst braucht, mischt alles und fühlt und probiert, ob es richtig ist.“

Genau diesen Punkt hat Herr Wolber, der beide Gruppen in Rottweil betreut hat, besonders herausgehoben. In Europa erwerben wir unser Wissen aus Büchern und arbeiten nach Rezepten. In anderen Ländern wird gelernt durch Zuschauen und be – greifen. Allen Teilnehmern hat er bescheinigt, dass sie durch Beobachtung sehr schnell lernen und schwierige Arbeiten nachvollziehen können. Sie sehen die Arbeit und machen vieles aus eigenem Antrieb. Nur die Pünktlichkeit lässt manchmal noch zu Wünschen übrig.

Alle Teilnehmer waren von dem Aufenthalt in Rottweil sehr begeistert und haben viel Fachwissen mit nach Hause gebracht. Bei manchen ist der Wunsch, diesen Beruf zu lernen verstärkt worden, die meisten sind sich aber noch sicherer geworden. Und bei einigen wurden auch ungeahnte Fähigkeiten entdeckt. Erfreulich ist, dass der erste Teilnehmer mittlerweile einen Ausbildungsvertrag hat. Das macht allen Mut, den Weg weiter zu gehen und auf eine gute Zukunft zu hoffen.

Teilnehmer backen Plundergebäck
Gruppenbild mit Gebäck